Ich genieße die zweite Schwangerschaft sehr. Gelassenheit
und Ruhe, ein angenehmes Gefühl von „Nebenherlaufen“ bestimmen sie und erfüllen
mich mit wohliger Sicherheit, dass das Baby in mir heranwächst und ich
guter Hoffnung sein darf.
Was mich aber trotz meiner so stabilen Gemütslage immer
wieder bewegt, sind die vielen Dinge, mit denen Frauen, sobald sie die
Kennzeichnung „schwanger“ erhalten haben, konfrontiert werden. Die Ansprüche an
die Figur, die Haut oder sogar die Laune wurden erst vor einigen Tagen in vielen
Blogs heftig diskutiert, durch unseren Umzug wird mir aber vor allem auch
wieder bewusst, wie wenig Selbstbestimmungsrecht werdenden Müttern gelassen
wird. Weil ich zunächst einmal lediglich für den dritten Ultraschalltermin
einen Gynäkologen suche und ansonsten von meinem RECHT Gebrauch machen möchte,
die Vorsorge von einer Hebamme übernehmen zu lassen, werde ich ganz offen von Sprechstundenhilfen
abgewimmelt: Offensichtlich bin ich als Patientin nicht einträglich genug. Andere
werfen mir sofort vor, mit der Gesundheit meines Kindes zu spielen, in meiner
derzeitigen Praxis war zunächst davon die Rede, dass Blutdruck und Urin bei
jedem Termin untersucht werden MÜSSEN. Unsere künftige Hebamme hat mich davor
gewarnt, offen von unseren Vorhaben einer zweiten außerklinischen Geburt zu
berichten, weil die ortsansässigen Gynäkologen davon wenig überzeugt seien. Es
kostet enorm viel Energie und braucht innere Standfestigkeit, hier auf die
freie Entscheidung zu pochen – Energie, die ich in der ersten Schwangerschaft
noch nicht immer hatte.
Am allerschlimmsten aber finde ich, dass viele Freundinnen von
mir, die ihre Familienplanung noch vor sich haben, mich oft fragen, ob ich denn
keine Angst habe, „nicht im Krankenhaus“ zu sein, diese oder jene Untersuchung
„nicht machen zu lassen“, oder, wie ich es aushalte, „nicht zu wissen“, ob wir
einen Jungen oder ein Mädchen bekommen (wir haben uns diesmal bewusst dagegen
entschieden, „suchen“ zu lassen). Wie sehr ich mich schon als Mama dieses Kindes
fühle, weil es mich stupst, wenn ich abends im Bett liege, weil es auf das
Cellospiel reagiert oder darauf, dass sein großer Bruder den Bauch mehr kräftig
massiert als „das Bebi streichelt“, können sich viele nicht als ausreichend
vorstellen. Ich wäre froh, wenn viel mehr Frauen davon berichten als von
Ultraschallbildern im Zusatzset und CTGs in der 27. Woche. Und ich war so froh, als meine behandelnde Ärztin regelrecht aufatmetete, weil ich auf alle Zusatzuntersuchungen des ersten Trimesters verzichten wollte. Unser heute so großes Wissen sollte ursprünglich Entscheidungen erleichtern und Probleme minimieren; es wäre wunderbar, wenn es in der Zukunft nicht selbst zu unserem Problem wird und immer neue Ängste produziert.
Ich habe den Verdacht, dass die Ärzte sehr unter Druck stehen (bei uns in Ö jedenfalls). Denn es gibt immer wieder Prozesse, weil ein Arzt nicht wehement genug auf den ganzen Vorsorgezusatzuntersuchungen gepocht hatte und das Kind dann nicht "perfekt" war. Und die Ärzte wollen einfach nicht in diese Lage kommen.
AntwortenLöschenIch z.B. hatte keine Probleme bei meinem Arzt, als ich sagte, dass wir keine Zusatzuntersuchungen wollen. Aber: ich musste das unterschreiben. Er hat mir erklärt, warum (Druck von Seiten der Versicherungsträger, Prozesse, ...), aber mir keine Angst gemacht. Er war - so wie du es schreibst von deiner Ärztin - richtiggehend erleichtert, dass wir einfach "in guter Hoffnung" waren.
Bei keinem der Kinder haben wir Screenings machen lassen (zumal unsere älteste Tochter einen Herzfehler hat, der vor der Geburt gar nicht nachweisbar gewesen wäre) und wir haben einfach gehofft, dass alles in Ordnung ist mit den kleinen Wundern. Und wenn nicht, bin ich jemand, der glaubt, dass es letztlich Sinn macht im Leben, was und wie auch immer alles kommt.
Dankbar bin ich für vier gesunde Kinder - was ich an den Schwangerschaften immer als am wunderbarsten empfunden habe, sind genau die Dinge: das Kind in mir spüren, die Liebe seiner Geschwister durch den Bauch hindurch (manchmal auch ziemlich intensiv *lach*), dieses Spüren des Wunders, von dem man ein Teil sein darf... es ist letztlich ein großes Geschenk, denke ich.Ich glaube, das darf man niemandem nehmen.
Aber: ich glaube, dass unsere Gesellschaft darauf aus ist zu "funktionieren" und Individualität eigentlich nicht wirklich was zählt, eher das Kollektiv, das das tun soll, was am billigsten und einfachsten für die jeweiligen Machthaber ist. Umso wichtiger, wertvoller und schöner, wenn Menschen dann trotzdem (oder gerade deswegen) andere Wege gehen. Und schön, wenn dann davon erzählt wird. Ich glaube, Blogs sind eine gute Sache, wenn achtsame, hoffnungsvolle und wertschätzende Dinge weitergegeben werden. So wie eben euer Weg mit der Schwangerschaft und Geburt - ich glaube, das hilft schon auch weiter, jenen vor allem, die im "echten" Leben sonst von angstmachenden (panikmachenden?) Menschen umgeben sind.
Alles alles Liebe, viel Gesundheit, Vorfreude und wunderbare Vorfreumomente mit dem großen Bruder! Maria
der druck auf die ärzte ist mit sicherheit da: finanzieller, versicherungstechnischer art und auch von vielen eltern aus. ich hätte einfahc gern, dass sie darüber offener sprechen und sagen, dass es in ihnen in erster linie darum geht, SICH abzusichern, nicht unbedingt um zwingend nötiges. meine erste gynäkologin hat beispielsweise einfach jede frau zur feindiagnostik überwiesen, jeweils mit unterschiedlicher vermutung. das beunruhigt die meisten frauen sehr - mir wäre es lieber gewesen, wenn sie einfach von größerer diagnostischer sicherheit für sich gesprochen hätte. vielen dank für deine lieben worte!
Löschenlinnea
Ich wünschte ich hätte eine solche Weisheit auch schon früher gehabt, davor. Ich hab eben eine Weile gebraucht bis ich dieses ganze System durchschaut habe. Eine Freundin erzählte mir neulich, sie habe keine Lust auf Bauchfotos machen, auf dies und das was doch aber eine Schwangere tun müsse. Selbst im ganz Privaten gibt es einen gewissen Druck wenn man sich nicht von allen Marionettenfäden loslösen kann. Das zu schaffen - das ist wunderbar.
AntwortenLöschenIch erinnere mich an meine Schwangerschaft wie an das Leben in einer Wolke, in einem Wattebausch. Manche Wochen vergingen einfach in einer Traumwelt. Weil alles stimmte. Was für ein Glück.
Das Foto ist wundervoll!
Ganz liebe Grüße!
die schwangerenfotos sind ein gutes beispiel. selbst der gipsbauch, babyshower-irgendwas und das zu bestellende komplettkinderzimmer gehören ja oft dazu.... wie schön, dass du trotzdem ziemlich frei davon sein konntest.
Löschenlinnea
Liebe Linea,
AntwortenLöschenich hätte mir für meine erste Geburt ein Geburtshaus gewünscht, da ich eben auch der Meinung bin, dass der Körper schon weiss was er tut und man sich nicht zuviel einmischen sollte. Mein Mann war allerdings strickt dagegen und heute bin ich froh darüber, dass er sich durchgesetzt hat, denn sonst wären wohl weder Santino noch ich am Leben, da wirklich jede Sekunde zählte.
Aufgrund dieser Erfahrungen haben wir dieses Mal ein anderes Krankenhaus gewählt, eines wo direkt eine Kinderstation angeschlossen ist, denn man weiss leider nie was passiert.
Auch ich werde einige Untersuchungen nur von einer Hebamme durchführen lassen, jedoch bin ich ganz ehrlich, ich freue mich jedes Mal riesig mein Baby im Ultraschall sehen zu können. Deswegen kommt ein Verzicht diesbezüglich nicht für mich in Frage.
Aber ich verstehe durchaus Deinen Unmut darüber, dass Du für Deine Entscheidungen kämpfen musst. Ich denke jede Frau sollte das Recht haben, so durch die Schwangerschaft zu gehen und zu entbinden wie sie möchte.
Ich wünsche Dir für die restliche Schwangerschaft alles erdenklich Gute und vor allen Dingen eine ganz wundervolle Geburt ohne irgendwelche Komplikationen!
Liebe Grüsse, Kirstin
liebe kirstin, erst einmal herzlichen dank für deine offene antwort auf meinen beitrag und außerdem herzlichen glückwunsch zu deiner zweiten schwangerschaft! ich kenne euren geburtsverlauf nicht und hoffe außerdem, dass ihr beim zweiten baby einen einfacheren weg vor euch habt. meist ist es so, dass die krankenhäuser einfach auch bis zur letzten sekunde versuchen können, noch eine spontane geburt zu ermöglichen - zweifelsohne ein riesiger vorteil der heutigen medizin! wenn im geburtshaus abgebrochen werden muss, tun das die hebammen dort in der regel schon, sobald sich die ersten probleme abzeichnen, eben auch, um den frauen dann nochmal im kh die gelegenheit zu geben, die situation in sicherheit und mit notfallversorgung "auszureizen". und dass du dich über ultraschallbilder freust, finde ich auch nicht falsch oder unwichtig - es sollte bloß nicht das vertrauen der frau ersetzen, dass sie auch ganz allein von sich aus kontakt zum baby hat :) und auch ich mache ja die drei "normalen" us-termine, nur nichts darüberhinaus. ganz liebe grüße! linnea
LöschenIch habe beide Kinder ambulant in einer Geburtstätte mit (derselben) Hebamme geboren, mich in der Schwangerschaft und nach der Geburt von der Hebamme begleiten lassen und würde es immer wieder so machen. Für uns war klar, dass wir nicht wissen wollten, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird und ich habe es schön gefunden, dass der Schleider zum Geheimnis erst mit der Geburt gelüftet wurde. Gerade die Frage, "was, wenn es ein Mädchen wird", hat damals in mir sehr vieles ausgelöst - damit hätte ich mich nie so auseinandersetzen können, wenn das Geschlecht des Kindes bereits klar gewesen wäre. Durch die Begleitung der Hebamme hatte es viel Platz für das Wunder, das geschieht, wenn sich der Himmel öffnet und ein Kind zur Welt kommt - beim Arzt hätte sich das mit grosser Wahrscheinlichkeit auf einen medizinischen Vorgang beschränkt. Ich wünsche Dir sehr, dass Du Dich auch weiter von Deinem guten und sicheren Gefühl leiten lassen kannst und es so machen kannst, wie es für Dich und für Deine Familie stimmt.
AntwortenLöschenMir war es sehr hilfreich, in mich hineinzuhören - auf das Hören angewiesen zu sein, weil ich mich eben gegen viele Untersuchungen entschieden hatte. Es hat mir auch immer für die Zeit nach der Geburt geholfen.
AntwortenLöschenGut das du den Mut hast, auf dein Inneres, auf dich und dein Baby zu hören.
Ich hatte leider immer das Gefühl, das sich niemand dafür interessiert, das ich mit 45 auch kein Screening wollte, daß ich bewusst auf ständige Ultraschalluntersuchungen verzichtet habe. Denn letztendlich hätte es einfach keine Konsequenz für uns gehabt, wir wollten unser Kind - egal was mit ihm gewesen wäre.
Ich habs mir ausgesprochen leicht gemacht, erst Kontakt mit der Hebamme meines Vertrauens aufgenommen, die dann gefragt welche Frauenärztin sie mir empfehlen kann, wenn ich dies und jenes eben nicht möchte und mit der Wahl war ich dann ungemein froh!
Bei meinen beiden Großen habe ich das ähnlich gemacht.
Und bis heute kann ich die Menschen nicht verstehen, die mich ungläubig anstarren, wenn ich erzähle, das meine mittlere Tochter zuhause zur Welt kam - das Beste was uns passiert ist! Es war ganz wunderbar. Den Kleinen habe ich im Geburtshaus bekommen - auch gut.
Aber ich kann mich auch sehr gut auf mein Gefühl verlassen, also war es gar kein Risiko.
Ich wünsche euch viel Freude und entspannte Vorfreudenbrüttage.
Liebe Grüße
m
vielen dank für deinen bericht! und dass der druck mit mitte vierzig noch viel größer ist, glaube ich gern. ich bin ja gerade einmal mitte zwanzig und wurde trotzdem jeweils mehrmals auf die screenings aufmerksam gemacht.
Löschenlinnea
Alles Gute und herzlich Gratulation zu deiner Einstellung!
AntwortenLöschen...Du machst das ganz richtig! Meine Hebamme hat immer gesagt : Mädchen gebt Euren Willen und Euer Gefühl nicht an jeder Krankenhaustüre und Arztpraxis ab und macht das was gut für Euch und das Baby ist....Schwanger sein ist keine Krankheit :)...
AntwortenLöschenEs braucht aber immer jemand der Dir Mut macht und nicht das ganze Spektrum an blindem Aktionismus und Unsicherheit verbreiten wie das heute so oft passiert....
Ich wünsche Dir viel Menschen um Dich die Dir Mut machen und noch viel Freude und schöne Momente im schwanger sein! Doro
Ich habe dir noch gar nicht zu deiner zweiten Schwangerschaft gratuliert - was ich hiermit ganz herzlich tun möchte. Ich habe vor 4 Monaten unser zweites Baby im Geburtshaus zur Welt gebracht (auf diesem Wege vielen Dank für deinen tollen Post über deine GH-Erfahrung) es war eine unbeschreibliche Erfahrung und ich würde es nie wieder anders machen wollen. Unseren Sohn habe ich vor zwei Jahren in der Klinik entbunden und ich fühlte mich dort richtig als Objekt behandelt. Es ging mir auch in der ersten Zeit nach der Geburt nicht sonderlich gut, wofür ich zum Teil auch diese Klinikgeburt verantwortlich mache. Bei unserer Tochter war alles ganz anders. Entspannt und natürlich, ich habe diese Geburt selbst gestaltet, die Hebammen haben mich in meinem Tun bestärkt und uns so zu einem wunderbaren Start verholfen.
AntwortenLöschenIch weiss, was du meinst, Frau muss schon stark sein, auch ich kenne Fragen wie "wie, dort sind keine Ärzte?...".
Während meiner gesamten zweiten Schwangerschaft war ich auch viel entspannter und auch das schreibe ich den wunderbaren Hebammen im GH zu. Wir haben bei beiden Kinder auch bewusst darauf verzichtet, das Geschlecht zu "suchen" wie du so schön sagst, und es war jedes mal eine kleine Überraschung ;-)
Ich wünsche dir weiterhin eine entspannte Schwangerschaft und alles Liebe und Gute für euch zwei. Höre weiter auf dich, und stelle deine Ohren einfach auf Durchzug, wenn andere Personen es mal wieder besser wissen.
LG, Lena